Zwischen Wissenschaft und Medien sind gewisse Konvergenzen zu beobachten. Diese widersprechen der Theorie Luhmanns, der zufolge Wissenschaft und Journalismus unterschiedlichen „Codes“ folgen: Nämlich „Wahrheit“ (im Fall der Wissenschaft) und „Neuheit/Information“ im Fall der Medien. Dies ist die Kernbotschaft meines Artikels „Wo Niklas Luhmann sich verrannt hat“, der heute in „Meta“ erschienen ist, dem neuen Online-Magazin für Wissenschaftsjournalismus. Es ist das Nachfolge-Magazin des bisherigen wpk-Quarterly.

Es sind viele interessante Beiträge drin, von denen ich noch zwei hervorheben möchte:

Zum einen den Beitrag über die Hintergründe von „I fucking love Science“, der wohl erfolgreichsten populärwissenschaftlichen Websites im Internet – eine Seite, die  die ästhetische Dimension von Wissenschaft gnadenlos ausschlachtet 😉

Zum einen das Interview mit Ulrich Bahnsen über Journalisten, die als Wissenschaftler auftreten. (Sozusagen ein Artikel, der seinerseits auch ein schönes Beispiel für meine These ist.) Ulrich Bahnsen hatte im März 2014 einen Artikel in der ZEIT veröffentlicht, in dem er eine eigene Hypothese zur Entstehung von Alzheimer formuliert hat. Ist das der Job von Journalisten? „Es war kein journalistischer Beitrag“, sagt er schlicht im Interview und verteidigt, weshalb er seine Hypothese so und nicht anders publiziert hat. Seine Hypothese beruht schließlich nicht auf eigenen Forschungen, sondern auf einer Synthese – also dem Zusammenpuzzlen – von bereits Erforschtem. Hierfür bieten Fachzeitschriften oft wenig Raum – zumal, wenn die Autoren keine Wissenschaftler sind.

Ich habe das Gespräch auch deshalb so interessiert gelesen, weil ich vor mehr als zehn Jahren vor einem ähnlichen Problem stand – wenn auch bei einem völlig anderen Thema: Was mache ich mit meiner mir so einleuchtend erscheinenden Theorie zum Schönheitsempfinden? Eine Dissertation? Ich habe mich dagegen entschieden, zum einen weil das Promotionsverfahren damals und meinem Fall (als diplomierter Naturwissenschaftler) zu kompliziert und langwierig geworden wäre, zum anderen, weil ich ohne die akademischen Zwänge in Aufbau und Sprache freier war. ist schließlich als Buch erschienen – aber es war nicht leicht, einen Verlag zu finden. Den einen war es „zu wissenschaftlich“, den anderen dagegen „zu populärwissenschaftlich“. Am Ende hat Königshausen & Neumann das Buch 2003 heraus gebracht. Aufgrund dieser Erfahrungen kann ich das Dilemma, in dem sich Ulrich Bahnsen befand, gut nachvollziehen. Und ich teile auch seine Erfahrung, dass man als Journalist mit solchen Grenzgängen durchaus Resonanz erhält – allerdings weniger vom harten Kern des engeren Fachgebiets, sondern mehr aus Nachbar-Disziplinen, die sich auch angesprochen fühlten. Allerdings blieb mir Kritik bezüglich meines Vorgehens damals erspart – was aber vermutlich auch am Thema lag.

Soviel fürs Erste – ich habe auch noch nicht alle Beiträge gelesen.

Nachtrag 26.11.: In einem weiteren Beitrag wird die Frage nach der Wissenschaftlichkeit von Datenjournalismus gestellt. Dass sich diese Frage überhaupt stellt, ist ja auch ein Indiz für die Konvergenz von Wissenschaft und Medien.