An Hans Joachim Schellnhuber scheiden sich die Geister ja nicht zum ersten Mal. Ein Aspekt dabei fällt mir aber erst jetzt auf, in der Diskussion um sein neues Buch „Selbstverbrennung“: Nämlich die Parallele zwischen den Aktivismus-Debatten in Wissenschaft und Journalismus. Im Grunde ein weiterer Hinweis auf die Konvergenz zwischen beiden Systemen.
Kategorie: Wissenschaftskommunikation
Die Nobelpreise stehen bevor, die Allgemeine Relativitätstheorie wird 100 Jahre alt und Markus Bohn, langjähriger Leiter der SWR-Wissenschaftsredaktion, verabschiedet sich in den Ruhestand. Anlässe genug, um zu seinem Abschied mit ihm diese zugegebenermaßen steile These im SWR2 Forum zu diskutieren.
Blicken wir mal hundert Jahre zurück: Die Wissenschaft erlebte damals einen Aha-Effekt nach dem anderen: Relativitäts- und Quantentheorie revolutionierten die Physik.
Es ist bisher noch nicht vorgekommen, dass mich eine eigene, von mir moderierte Sendung zu einem nachträglichen Kommentar provoziert. Doch die Diskussion zum Anthropozän im SWR2 Forum hat mich dazu veranlasst, meine Gedanken dazu nochmal auf Spektrum.de zu formulieren. Mir scheint: Die These, wonach wir in einem neuen Erdzeitalter leben, ist wissenschaftlich reizvoll, droht jedoch auszufransen.
Gleichzeitig diskutieren Geowissenschaftler verstärkt über die Notwendigkeit einer Geoethik bzw. versuchen, den Begriff mit Inhalt zu füllen. Ich habe dazu schon vor ein paar Jahren mal einen Vorschlag gemacht, und merke jetzt, dass das Anthropozän mit diesem Konzept gut korrespondiert. Die Tagung der EGU in Wien im April 2015 hatte die Geoethik ja auch auf der Tagesordnung. Ich konnte nicht dabei sein – die Sendung von Wolfgang Däuble im ORF (leider nicht mehr downloadbar) bildet die Diskussion jedoch sehr gut ab. Im Grunde gibt es zwei Ansätze: Den einen könnte man zusammen fassen als: Geoethik als Ethik der Geowissenschaften: Welche Verantwortung haben Forscher, wenn es um Fracking, Geoengineering, Bergbau, aber auch Kastrophenvorsorge geht. Der zweite Ansatz (den ich bisher auch vertreten habe) versteht den Begriff etwas weiter: Die Geoethik widmet sich demnach denjenigen ethischen Fragen, die sich aus den globalen – nicht nur, aber vor allem auch: ökologischen – Veränderungen ergeben. Sie adressiert (analog der Bioethik) demnach nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Politik, die die entsprechenden Rahmenbedingungen auch für unser eigenes Verhalten setzt. Zu den Vertretern dieser Richtung gehört unter anderem David Mogk von der Montana State University. Ich war positiv überrascht, in der genannten Sendung zu hören, dass er ebenfalls die Parallele zum Anthropozän zieht.
Aus meiner Sicht haben beide Ansätze, Geoethik zu begreifen, ihre Berechtigung und können sich ergänzen. Es gibt ja auch nicht nur „eine“ Bioethik. Definitionsfragen sind wissenschaftlich nicht entscheid-, nur plausibilisierbar – das gilt für die Geoethik ebenso wie fürs Anthropozän. Hier also der ganze Kommentar.
11.7.2015: Ist der Papst ein verkappter Geoethiker? Die Frage stellt sich nach der Veröffentlichung seiner Enzyklika Laudato si‘. Ich habe sie hier auch nochmal kurz aufgegriffen.
Zwischen Wissenschaft und Medien sind gewisse Konvergenzen zu beobachten. Diese widersprechen der Theorie Luhmanns, der zufolge Wissenschaft und Journalismus unterschiedlichen „Codes“ folgen: Nämlich „Wahrheit“ (im Fall der Wissenschaft) und „Neuheit/Information“ im Fall der Medien. Dies ist die Kernbotschaft meines Artikels „Wo Niklas Luhmann sich verrannt hat“, der heute in „Meta“ erschienen ist, Weiterlesen
Vortrag anlässlich der Verleihung des Innovationspreises 2010 der Berthold-Leibinger-Stiftung
Gábor Paál
Sehr geehrter Herr Prof. Leibinger,
sehr geehrte Frau Dr. Leibinger-Kammüller,
liebe Preisträger,
sehr verehrte Gäste!
Sie sind hoffentlich ein wenig irritiert, dass jetzt ein Programmpunkt kommt mit der Überschrift „Schattendasein“. Ich dachte aber, das passt zum 50. Geburtstag des Lasers und zu dieser Veranstaltung, bei der das Licht im Mittelpunkt steht. „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten“ – das gilt nämlich auf unerwartete Weise auch für die Lasertechnologie. In Weiterlesen
Es seien zwei „Kulturen“, behauptete vor 50 Jahren der Physiker Charles P. Snow. Natur- und Geisteswissenschaftler ticken anders, arbeiten anders, veröffentlichen anders; sie haben eine unterschiedliche Auffassung von Wissenschaft, kurz: Sie haben sich eigentlich wenig zu sagen. Und heute? Die Grenzen zwischen den beiden „Kulturen“ verschwimmen. Das Geistige ist längst zum Gegenstand empirischer Weiterlesen